Antisemitismuslesung von Burak Yilmaz

Es ist Dienstag, 7. Dezember 2021, 09:30 Uhr und in der Aula des Leo-Statz-Berufskollegs ist es still. Fast. Der Duisburger Burak Yilmaz liest aus seinem Buch „Ehrensache“. Von den Anschlägen in New York am 11. September 2001, die er als 14-jähriger im TV erlebt hat, über erste persönliche Rassismuserfahrungen in seiner Heimat Deutschland, bis hin zu Vorurteilen und Hass gegenüber Juden in und aus seinem Umfeld. Er zieht Parallelen, zeigt Widersprüche auf, stellt Fragen, klärt auf.

Wie kann es sein, fragt er, dass man selbst immer wieder Opfer von Hass und Rassismus ist und gleichzeitig einer anderen Gruppe gegenüber mit ähnlichem Hass und Vorurteilen begegnet? „Wir sind Antisemiten, daran kannst du nix ändern!“ riefen Bekannte. „Juden ins Gas, Juden ins Gas.“ „Schläge haben uns zu Männern gemacht.“ „Männer müssen stark sein.“ „Juden sind schwach.“ – Es sind solche Parolen, die Vorurteile und Feindseligkeit zeigen und verstärken. Dabei wollen Rassisten doch nur Macht ausüben.

Herr Yilmaz ist 14 Jahre alt, als die Flugzeuge ins „World Trade Center“ in New York fliegen. Auf einmal werden er und seine Freunde, seine Familie „scheiß Taliban“, „Attentäter“, „Bombenleger“, „Schläfer“, „Kameltreiber“ und anderes genannt. Aus den „Dreier-BMW“-Witzen werden Muslimwitze. Überall wird man als Gefahr angesehen. „Vor 9/11 hab‘ ich das Wort „Terrorist“ noch nie gehört. Es kommt auf einmal eine ganz neue Form von Diskriminierung dazu“, führt er aus.

„Ich hätte eine viel schönere Jugend haben können, wenn dieser ganze Hass nicht gewesen wäre. Und deswegen braucht es Leute die sich engagieren. Deswegen mache ich etwas.“

In Israel dominieren die Bilder von Steineschleuderern, von Panzern und Soldaten. Dabei klappt das Zusammenleben doch auch. Dabei herrscht gerade hier auch „krasse Akzeptanz“ sagt Yilmaz, der selbst zwei Mal in Israel und zwei Mal in Palästina war. Das Bild vor Ort ist ein ganz anderes als das Bild das man in Deutschland vom Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis hat. Den Konflikt redet er dabei nicht klein, er zeigt jedoch andere Perspektiven auf.

Burak Yilmaz liest mehrere Passagen, diskutiert mit den Schülerinnen und Schülern, stellt sich ihren Fragen. Kritisch geht es dabei zu. Kontrovers. „Aber ich bin doch Deutscher, wieso sagen die sowas zu mir?“ – „Es geht doch darum“, sagt Yilmaz, „Wie können wir unsere Gesellschaft hier so gestalten, dass wir uns nicht hassen, nicht ausgrenzen. Hier ist Platz für jede/n.“

Manchmal geht es auch um die Rolle der Eltern, unsere Vorbilder, ihnen haben wir so viel zu verdanken aber dürfen wir sie nicht dennoch ab und zu in Frage stellen? Persönlich wird er hier erneut, erzählt wie er sich heimlich mit seiner heutigen Frau getroffen hat, wie die Ablehnung der Familien sie getroffen hat, aber, „Man verliebt sich doch in den Menschen, nicht in den Pass.“ Die Schülerinnen und Schüler steigen ein, erzählen von ähnlichen aber auch gegenteiligen Situationen in denen sie oder Bekannte besondere Unterstützung erhielten.

„Was könnt i h r eigentlich in eurem Alltag machen?“ fragt Yilmaz die Zuhörerinnen und Zuhörer zum Abschluss und deren Antworten sind vielschichtig: „Einschreiten!“, sagt einer, „Mit Worten kann man viel verändern“, eine andere. „Positives Beispiel sein.“ „Dagegen ankämpfen, thematisieren, schon in Grundschulen ansprechen.“ „Wo man helfen kann, sollte man einfach helfen.“ „Im Umfeld das zum Thema machen, mehr diskutieren, mehr debattieren, mehr zusammenkommen.“

Wenn man Burak Yilmaz und den jungen Menschen im Publikum zwischen 18 und 21 so zuhört, dann bekommt man Hoffnung. Hoffnung, dass es besser wird, Hoffnung, dass wir es gemeinsam als Gesellschaft schaffen über Vorurteile hinwegzukommen.

„Habt Zivilcourage und greift ein“, gibt er seinen Zuhörerinnen und Zuhörern mit auf den Weg. „Sagt, das geht nicht, wie du dich hier verhältst. Setzt euch ein!“

(Unterstützt wird Herr Yilmaz von der Friedrich Naumann Stiftung; Die Veranstaltung selbst wurde unter strengen Covid19-Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt.)